Als ich in dieses im Jahre 1650 vom
Markgrafen Roicci erbaute Haus kam, um darin zu wohnen und zu leben, hatte die Familie des Vorbesitzers, die dort seit Generationen gewohnt hatte, es schon seit langem verlassen. Mich traf der Anblick der schlichten Harmonie der Gebäudearchitektur mitten ins Herz. Man geht durch die Haupteingangstür, und durch eine weitere Tür mit Glasscheibe am Ende des Korridors gelangt man auf eine große Terrasse. Der Blick schweift ins Unendliche, und man sieht bis zum Monte Conero am Horizont. Von der Terrasse aus blickt man in den großen Garten, der von den Mauern der Sforza umrahmt wird. Die Mauern waren stark verfallen, die Terrassierungen durch mangelnde Pflege und ihr Alter nicht mehr intakt. Heute ist der Garten ein Ort der Begegnung und der Kunst für den, der hier eine Weile bleiben möchte. Im Mittelteil des Hauses wohne ich mit meiner Familie. In den Kellerräumen, früher der einzige Zugang zum Garten, hat heute die Stiftung diversoinverso sowie eine Reihe von Ausstellungsräumen ihren Platz. Es gibt sogar ein kleines Theater, von dem aus man Zugang zum Garten hat. Die Lagerräume sind im Jahre 2004 zu harmonisch gestalteten Wohnräumen umgebaut worden. Jede Wohnung hat ihren eigenen Eingang und ist mit einem Mix aus alten Möbeln und Erinnerungsstücken der Familie eingerichtet. Der Garten, der vermutlich im 16. Jahrhundert angelegt wurde, fasziniert durch seine Anlage: die breite Steintreppe, die auf allen Terrassen aufgestellten Auffangbecken für Regenwasser, die hohen Steinmauern, die alten Rosenstöcke, die uralten Maulbeerbäume, die Walnuss- und Lorbeerbäume und die Terrasse mit den Haselsträuchern schaffen Atmosphäre. Jenseits der Gartenmauer stehen noch die alten Stadtmauern mit dem Tor, durch das man bis zum Meer sieht.
Vor Jahren kam ich zufällig nach Monterubbiano. Ich sollte an einem Kongress zum Thema green economy teilnehmen. Ich erlebte eine Folge von überraschenden Dingen, vom Ort mit langobardischer Prägung über den neoklassizistischen Friedhof, vom Architekten Galli angelegt, bis hin zum Park San Rocco und zum magischen Ort namens La Rosa Scarlatta, wo der Kongress stattfand. In diesem schönen Palazzo am Rande der Altstadt ist ein geheimer Schatz in den Steingewölben im Kellergeschoss untergebracht: ein Theater. Von dort aus gelangt man in den Garten, der in Terrassen bis zu den alten Stadtmauern angelegt ist. Dahinter beginnt die liebliche Landschaft des Piceno. In heiterer Atmosphäre, in der wir ernsthaft über Kultur sprechen und von einer menschlichen und naturverbundenen Gesellschaft träumen, fallen uns plötzlich die freundlichen Gesichter junger Koreaner auf, die in der Rosa Scarlatta regelmäßig zu Gast sind. Hier befindet sich auch der Sitz einer Musik- und Singschule. Die Hausherren streben nach dieser Harmonie, wenn auch auf zurückhaltende Weise, und geben ihr wie ein Orchesterdirigent den Takt vor. Ich spreche hier vom Komponisten Euro Teodori. Er ist ein angesehener, freundlicher Mann, ein berühmter Musiker und, in der Tat, er ist Orchesterdirigent. Er war Filmschauspieler während des Neorealismus in Italien. Er malte auch, dichtete und war ein Mann des Theaters, und auch seine Frau Stefania liebt diese verschiedenen kulturellen Ausdrucksmöglichkeiten. Stefania ist eine schöne Frau, die der alteingesessenen Familie Acquaticci aus Treia entstammt. Die Geschichte dieser Familie geht zurück bis auf Dante und seiner Göttlichen Komödie. Aber davon sprechen wir später…
Ein großbürgerliches Haus in einem Dorf mit adeligem Gepräge, mit seinen Backsteinhäusern und bemerkenswerten Kirchen. Stefania Acquaticci, eine Frau mit künstlerischer Feinfühligkeit, hat einige Appartements ihres Anwesens La Rosa Scarlatta mit einem Mix aus alten und modernen Möbeln eingerichtet. Wunderschön ist der Blumengarten, der in großen Stufen ins Tal hinab angelegt ist. Das Panorama, das sich von dort aus bietet, ist weit und man sieht zur Rechten das Meer und zur Linken bis hin zu den Sibillinischen Bergen…
… Monterubbiano, mit seinen alten, edel anzuschauenden Häusern, die aus Ziegelsteinen und ockerfarbigen Steinen erbaut sind. Zwischen den Häusern verlaufen schmale Gassen und Treppen. Die Häuser stehen dicht an dicht, sogar an die Außenwände der Kirchen im Ort lehnen sie sich an. Die Kirchen bergen viele Kunstschätze in sich. Ich war sofort fasziniert! Alles ist Musik, schon bei Sonnenaufgang am frühen Morgen. Zuerst die Rhythmen: Licht-Schatten, ocker-violett, Licht-Schatten, orange-braun-blau… dann die ersten Schritte eines Fußgängers, erst zwei, dann drei, niemals mehr. Jeder geht zum Dorfplatz! Jeden Tag habe ich diese Landschaft aus Steinen durchstreift, so wie es mir gefiel. Das Kommen und Gehen der Bewohner ist die Partitur. Diese Musik wollte ich in meinen ersten Aquarellen einfangen. Wie beim Klang, so ist es auch hier notwendig, den passenden Rhythmus zu finden. Glücklicherweise sind wir zu Euro und Stefania gekommen, den Besitzern der 'Rosa Scarlatta', des großen Hauses, das viele Überraschungen in sich birgt… ein Klavier, dann zwei, dann drei, ein Erdgeschoss, dann zwei, dann drei. Im Untergeschoss gibt es einen Saal mit roten Vorhängen und einem kleinen Konzertflügel und… eine Musikschule! Klangkunst überall, in jedem Stockwerk!... Im Sommer gibt es jeden Sonntagabend auf den Gartenterrassen eine Veranstaltung: Musiker, Sänger, Schauspieler wechseln sich ab, tun ihr Bestes, um unsere tagsüber durch die Sommerhitze ermatteten Sinne wieder zu beleben. Ja, das ist ein glücklicher Zufall, der uns hierher geführt hat! Euro Teodori ist ein berühmter Komponist, vielleicht legt er etwas von dieser Landschaft in seine Musik hinein?... Das ist es, was ich zu entdecken suche…